Der Windpark Everswinkel nach vollständiger Errichtung.

Unternehmensmeldung

Einblick in die Projektentwicklung

Ein Interview zu den täglichen Aufgaben und Herausforderungen in der Projektentwicklung am Beispiel des Windparks Everswinkel.

Bis eine Windenergieanlage nachhaltige Energie generiert und damit eine unabhängige Stromversorgung darstellt, vergehen erfahrungsgemäß mehrere Jahre. Sieben an der Zahl dauerte es im Falle unseres Windparks im Kreis Warendorf (NRW) von den ersten Planungen bis zur finalen Errichtung.

Über den gesamten Zeitraum begleitet die Projektentwicklung (PE) das Vorhaben. Dabei sind viele verschiedene interne Fachgruppen wie Technische Zeichner, Genehmiger und Netzplaner involviert, um die Anlagen vom Papier in die Welt zu bringen.

Melanie (Gruppenleiterin PE) und Theresa (Fachreferentin PE) vom Standort in Bielefeld haben den Windpark Everswinkel federführend in Kooperation mit VenSol entwickelt und berichten über ihr breit gefächertes Aufgabenspektrum.

Faktenüberblick Windpark Everswinkel
Windenergieanlagen: 4
Versorgte Haushalte: 20.000
Eingesparte CO2-Emissionen: 34.000 Tonnen
Inbetriebnahme: voraussichtlich Juli 2024

 

Was fasziniert euch an der Tätigkeit der Projektentwicklerin?

Melanie:
Der Beruf ist unglaublich facettenreich. Als Projektentwicklerin ist man eigentlich Problemlöserin. Man begegnet täglich neuen Herausforderungen, die es zu lösen gilt. An einem Tag muss man das Parklayout aufgrund eines neuen Gutachtens umstellen, am nächsten Tag gilt es eine alternative Zuwegung zu planen, weil sich bei der bisher geplanten neue Hindernisse ergeben haben. Insgesamt sind wir sehr vielen Einflüssen aus den verschiedensten Bereichen wie der Politik, Naturschutz, dem Planungsrecht und noch vielen weiteren ausgesetzt.

Theresa:
Ich habe im Bachelor BWL studiert und mich im Rahmen meines Masters auf nachhaltiges Wirtschaften spezialisiert. Anschließend habe ich nach einer sinngebenden Tätigkeit gesucht. Durch meine Arbeit bei UKA als Projektentwicklerin habe ich das Gefühl, dass meine Arbeit einen Unterschied machen kann. Wir treiben aktiv die Energiewende voran.

Melanie:
Dem kann ich mich nur anschließen. Wir arbeiten mehrere Jahre an einem Projekt und am Ende steht dann für die nächsten 20 bis 30 Jahre eine Windenergieanlage, die nachhaltige Energie erzeugt. Das hinterlässt ein gutes Gefühl.

 

„Als Projektentwicklerin ist man eigentlich Problemlöserin.
Man begegnet täglich neuen Herausforderungen, die es zu lösen gilt.“

 

Wie dürfen sich Außenstehende den Arbeitsalltag einer Projektentwicklerin vorstellen, wenn der Beruf so vielschichtig ist?

Melanie:
Als Projektentwicklerinnen begleiten wir das Projekt von der Flächenakquise bis zur Inbetriebnahme. Je nach Projektphase haben wir daher unterschiedliche Aufgaben zu bewerkstelligen. Dabei arbeiten wir die ganze Zeit mit den verschiedenen Fachgruppen zusammen. So gibt es bei uns ein separates Team, das nur für das Thema Genehmigung zuständig ist. Bei uns in der Projektentwicklung laufen alle Informationen zusammen, sodass wir sowohl für intern als auch extern die Schnittstelle bilden und dabei den Überblick behalten.

Theresa:
In der Projektentwicklung unterteilt sich die Arbeit dann noch in den Innen- und Außendienst auf. Bei uns in Bielefeld decken wir Projektentwicklerinnen dann überwiegend den Innendienst ab, während unsere Projektbetreuer überwiegend die Aufgaben im Außendienst wie die Flächenakquise übernehmen. Sie informieren die Flächeneigentümer über das Thema Windenergie und schließen Nutzungsverträge ab.

Das bedeutet aber nicht, dass wir als Projektentwicklerin einen klassischen 9-to-5-Bürojob haben. Die soziale Komponente macht ebenfalls sehr viel aus. Auch wir fahren raus, um mit Gemeindevertretern und mit Flächeneigentümern zu sprechen oder die Potenzialfläche live vor Ort zu sehen. Dabei nehmen wir an Gemeindeversammlungen teil und bieten Informationsveranstaltungen für Eigentümer als auch Anwohner an.

 

Laut der jährlichen Umfrage der Fachagentur für Windenergie an Land bewerten mehr als 80 Prozent der Befragten die Nutzung und den Ausbau von Windenergie als wichtig oder sehr wichtig. Wie erlebt ihr die Stimmung vor Ort?

Melanie:
Bei Eigentümergesprächen werden wir ganz unterschiedlich aufgenommen. Bei einem werden wir mit Kaffee und Kuchen empfangen. Bei anderen überwiegt die Skepsis oder subjektive Ablehnung gegenüber den erneuerbaren Energien. Da gilt es dann Fingerspitzengefühl zu beweisen. Es ist wichtig zu verstehen, welche Sorgen und Bedenken die Menschen vor Ort haben und Aufklärungsarbeit zu leisten, damit bei allen ein Verständnis für die Wichtigkeit der Energiewende geschaffen werden kann.

Theresa:
Natürlich ist der Ausbau der Windenergie ein optischer Eingriff ins Landschaftsbild. Man muss sich aber auch vor Augen führen, was passiert, wenn wir den Schritt nicht machen. Wir können hier in Deutschland nicht das ganze Klima retten. Wir können aber ein Vorbild sein. Das macht einen Unterschied.

Melanie:
Mit der Energiekrise hat sich das Bewusstsein für die Energiewende noch einmal deutlich geschärft. Als die Preise aufgrund der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus dem Ausland in die Höhe geschnellt sind, waren die Menschen plötzlich unmittelbar davon betroffen. Das hat bei vielen zu einem Umdenken geführt. Wenn wir jetzt unabhängige Energiequellen vor der Haustür haben, sichert uns das ein Stück weit ab.

Umfrage zur Akzeptanz der Windenergie an Land

Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage zur Akzeptanz der Nutzung und des Ausbaus der Windenergie an Land in Deutschland. | Herausgeber: Fachagentur Windenergie an Land e. V. | 7 MB

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Ihr habt das Thema Aufklärungsarbeit erwähnt. Könnt ihr anhand des entstehenden Windpark Everswinkel aufzeigen, in welchen Bereichen Unsicherheiten bestehen?

Melanie:
Das hängt in erster Linie davon ab, ob die Menschen vor Ort bereits Berührungspunkte mit dem Thema Windenergie hatten. In der Gesellschaft kursieren viele Mythen rund um die Windenergie, die wir im Rahmen unserer Tätigkeit häufig erst einmal richtigstellen müssen.

Theresa:
Vielen ist nicht bewusst, wie komplex der Ausbau der Windenergie in der Realität ist. Es bestehen aber strenge Richtlinien, die eingehalten werden müssen, um den Menschen, die Natur und Umwelt zu schützen. Im Falle von Everswinkel gilt beispielsweise eine Abschaltmaßnahme für den Rotmilan. Wenn Landwirte im Umkreis von 100 Metern um die Anlage den Boden bearbeiten, muss die Windenergieanlage abgeschaltet werden. Es brütet zwar kein Rotmilan um die Anlage, aber nach der Mahd werden häufig Kleintiere aufgescheucht. Um die Kollisionsgefahr von weiter entferntem Rotmilan bei Jagdflügen zu minimieren, wird die Anlage dann abgeschaltet. Dass die Energiewende auch einen Mehrwert für die Region bietet, ist vielen auch nicht bekannt.

 

Wie profitiert die Region von Windenergieanlagen innerhalb der eigenen Gemeinde?

Melanie:
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Gemeinde und auch die Anwohner vor Ort finanziell zu beteiligen. Um eine Windenergieanlage zu errichten, schließen wir mit den Flächeneigentümern Nutzungsverträge ab, sodass diese über die gesamte Laufzeit jährlich eine Pacht erhalten. Auch Gemeinden profitieren davon, wenn sie eigene Flächen besitzen, auf denen Windenergieanlagen errichtet werden.

Theresa:
Dank des § 6 des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes besteht seit 2021 zudem die Möglichkeit, die Kommunen an den Einnahmen der Windverstromung teilhaben zu lassen. Der Vorhabenträger darf den angrenzenden Gemeinden eine Beteiligung von insgesamt 0,2 Cent für jede vor Ort eingespeiste Kilowattstunde anbieten. Das schließt alle Gemeinden ein, die im Umkreis von 2,5 Kilometern um die Turmmitte liegen. Liegen mehrere Gemeindegebiete im Umkreis einer Anlage, wird der Betrag flächenanteilig verteilt.

 

Bei unserem Windpark Everswinkel werden mit Telgte, Warendorf und Everswinkel gleich drei Gemeinden finanziell an der Windverstromung beteiligt. Die drei Gemeinden erhalten jährlich für die vier Windenergieanlagen zusammen rund 120.000 Euro, die keiner Zweckbindung unterliegen. Sie könnten damit also beispielsweise Kitas unterstützen, örtlichen Vereinen unter die Arme greifen oder einen Spielplatz finanzieren. Kurzum kann der Ausbau der Windenergie nicht nur in der Klimakrise einen Unterschied machen, er hilft auch, die meist klammen Gemeindekassen zu füllen.

Melanie:
Windenergieanlagen müssen  im Einklang mit der Natur errichtet werden. Flächen, die durch für die Dauer des Betriebs der Anlagen versiegelt werden, müssen an anderer Stelle eins zu eins ausgeglichen werden. Die Maßnahmen sind im Rahmen des Genehmigungsverfahrens festzulegen und können ganz unterschiedlich ausfallen. Das kann die Entsiegelung einer Fläche sein, indem beispielsweise ein verfallenes Haus abgerissen wird. Aber auch die Schaffung neuer Lebensräume und Naturbiotope sind denkbar. Für den Windpark Everswinkel haben wir beispielsweise ein neues Habitat für die Waldschnepfe umgesetzt. Dafür wurde ein Waldrand neugestaltet, um ein attraktives Bruthabitat zu schaffen. Das hatte dann zusätzliche positive Effekte auf die Bodenfunktion sowie den Wasserhaushalt.